Ursachen der Depression – Aus Sicht der Neurobiologie

Dieses ist der zweite Teil unserer Artikelreihe zu den Ursachen der Depression. Im ersten Teil berichteten wir anhand von Beispielen darüber, auf welche unterschiedliche Arten Depressionen entstehen können.

Etwas vereinfacht gesagt unterscheiden sich in der Wissenschaft zwei sich zum Teil widersprechende Grundmodelle, die versuchen das Entstehen von Depressionen zu erklären. Ein neurobiologisches Erklärungsmodell steht einem psychologischen Erklärungsmodell gegenüber.

In diesem Beitrag gehen wir auf die neurobiologischen Ursachen – oder anders gesagt – auf das neurobiologische Erklärungsmodell ein. Das psychologischen Erklärungsmodell erklären wir in Teil 3 unserer Serie zu den Ursachen, der in Kürze folgt. Los geht’s:

Neurotransmitter als Ursache für Depressionen

Depression – Neurobiologische Erklärung

Botenstoffe im Gehirn

Um die biologischen Erklärungsansätze zu verstehen, muss man sich zunächst dem Begriff Neurotransmitter zuwenden, die hier eine wichtige Rolle spielen. Doch was ist eigentlich ein Neurotransmitter? Jede einzelne Nervenzelle kommuniziert mit ihrer Nachbarzelle über die Neurotransmitter. Die Neurotransmitter sind vereinfacht gesagt Botenstoffe. Die Botschaft ist ein elektrischer Impuls, der durch den Neurotransmitter übertragen wird.

Ohne jetzt auf die gesamte Funktionsweise des Gehirns einzugehen, gehen Biologen bei Depression davon aus, dass der Botenstoff Noradrenalin in zu geringem Maße im synaptischen Spalt vorliegt. Zudem konnten Zusammenhänge zwischen einem Mangel des Botenstoffs Serotonin und depressiven Symptomen nachgewiesen werden. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass im Zusammenhang mit Depressionen häufig auch noch weitere Botenstoffe wie zum Beispiel Acetylcholin, Gamma-Aminobuttersäure oder Dopamin genannt werden, die bei Depressionen aus dem Gleichgewicht gekommen zu sein scheinen. Hier auf die einzelnen Botenstoffe einzugehen, würde aber den Rahmen sprengen. Auf die besonderen Botenstoffe, die für unser Glücklichsein mitverantwortlich sein können, gehen wir daher in unserem Artikel Glückshormone gesondert ein.

Unterschied zur Psychose

Aus neurobiologischer Sicht liegt bei Depressionen ein genau anderer Sachverhalt vor, als bei Psychosen. Bei Psychosen gehen die Biologen von erhöhter Neurotransmitterkonzentration oder einfacher von zu vielen Neurotransmittern aus. Bei Depressionen hingegen, von zu geringen Neurotransmittermengen.

Therapien und Annahmen

Die neurobiologischen Ursachen sind eng mit medikamentösen Therapien verbunden. Warum? Naja, sie werden unter anderem aus dem Erfolg medikamentöser Therapien abgeleitet. Sogenannte Antidepressiva setzen genau an den Ungleichgewichten der Botenstoffe an. Antidepressiva bewirken, dass sich die Konzentration von bestimmten Botenstoffen im neuronalen System wieder erhöht. Bei vielen Menschen lindern sie die depressiven Symptome oder führen sogar dazu, dass die Symptome gänzlich verschwinden. Dennoch wirken Antidepressiva nicht bei allen Patienten und schon gar nicht bei allen Patienten gleich.

Ich will an dieser Stelle aber auch nicht verschweigen, dass es zum Teil erhebliche Kritik an der sogenannten biologischen Psychiatrie gibt und verweise auf die Ausführungen von Felix Hasler, einem Pharmakologen, der Berlin School of Mind and Brain, der an der Humbodt-Universität forscht und die These vertritt, dass niemand genau wisse, was im Gehirn vor sich geht, wenn Menschen unter Depressionen leiden. Wer hier tiefer einsteigen mag, dem sei das Buch √  Neuromythologie von Felix Hasler empfohlen.

Erblichkeit und Gene

Hier gehen die Meinungen teilweise stark auseinander. Obwohl ich den Gedanken von „Depression als Erbkrankheit“ persönlich nicht mag, weise ich aber darauf hin, dass sich ein Teil der Biologen darauf beruft, dass 15% – 20% der Angehörigen von depressiven Menschen selbst erkranken. Auch wenn selten von einer direkten Vererbung gesprochen wird, gehen Biologen häufig von einem Einfluss der Gene aus.

Genetische Prädisposition

Eine genetische Prä … was? Genau so ging es mir, als mein Arzt mir im Zusammenhang der Klärung meiner Depressionsursachen das Wort „genetische Prädisposition“ entgegenwarf, die bei mir vorliege. Hörte sich toll an, da ich damals aber nicht wusste, was das ist, schreibe ich es hier mal auf. Prädispositionen sind nichts weiter als eine begünstigende Anlage, eine bestimmte Krankheit zu bekommen. Mein Arzt meinte damit also, dass die Wahrscheinlichkeit bei mir höher lag Depressionen zu bekommen, weil in meiner Familie ebenfalls Menschen an Depressionen litten.

Noch ist kein Depressionsgen entdeckt

Die Genforschung geht mit großen Schritten voran. Dennoch liegen bei Verfassung dieses Artikels – nach unserem Wissensstand – keine eindeutigen Nachweise vor, dass es ein oder mehrere Gene gibt, die man für die Depression verantwortlich machen kann.

Fazit / Kontroverse

Einerseits sind die neurobiologischen Erklärungen auch zur Wirkungsweise von Antidepressiva verständlich. Auch in meinem Umfeld kenne ich viele Menschen, bei denen Antidepressiva eine positive Wirkung haben. Auch breit angelegte Studien zur Wirkungsweise von Antidepressiva zeigen deren Erfolg. Da ich persönlich unter schweren Depressionen litt, gehe ich soweit, dass ich sage, dass mir alles Recht ist, was diesen Zustand von mir fernhalten kann. Das ist auch mein Standpunkt bei der immer wieder geführten Abhängigkeitsdiskussion bezüglich Antidepressiva. Die Symptome meiner schweren Depression waren so extrem, dass mir das ehrlich gesagt persönlich ganz egal ist, ob Antidepressiva abhängig machen oder nicht. Aber diese Diskussion wollen wir an anderer Stelle führen.

Andererseits gibt es auch gute Argumente, die biologisch-psychiatrischen Ansätze kritisch zu sehen.  Ich kenne viele Menschen, die absolut gegen eine medikamentöse Therapie sind. Auch hierfür gibt es nachvollziehbare Gründe. 80% der Verbesserungen, die mit Antidepressiva erzielt werden, lassen sich gem. eines Tagesspiegelinterviews mit Felix Hasler auch durch Placebo-Tabletten erzielen. Ferner weist Hasler in dem Interview darauf hin, dass Psychoanalyse und Verhaltenstherapie, Ausdauersport, Achtsamkeitstraining, Johanniskrautpräparate und Psychopharmaka gleich erfolgreich sind. Und auch in unserer 300 Punkte-Liste „Was tut bei Depression gut?„, die wir mit Euch als Community zusammen erstellt haben, zeigt, dass sich in der Praxis neben Antidepressiva viele Punkte bewährt haben, die Betroffenen in der Depression gut tun und damit helfen.

Selbstverständlich darf auch nicht übersehen werden, dass der Markt mit Antidepressiva ein Milliardenmarkt ist. Es gibt also diverse Interessenlagen. Diese könnten bei der Finanzierung von Stiftungen, Studien, Publikationen und Mediendarstellungen natürlich eine entsprechende Rolle spielen.

Wie siehst Du es?

Hast Du persönliche Erfahrungen mit Ansätzen der biologischer Psychologie wie Antidepressiva?

Hast Du andere Erfahrungen? Wurden bei dir Ursachen ermittelt, die wir hier nicht aufführen? Kennst Du die Ursache für Deine Depression?

Wir freuen uns auf Euer Feedback, Eure Anregungen und die Diskussion mit Euch. Hier und auf Facebook.

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