Ein gefühlter autobiografischer Erfahrungsbericht von Yvonne Vanessa Vespermann
Krankheit Depression
Ich stelle mir vor, ein Raum, ein leerer Raum und ich. Der Raum ist weiß, ein Nichts aus mir und Raum. Der Raum ist mein Leben. Ich sehe mich und mein Leben, ein buntes und bewegtes Leben, so viele Farben, Erlebnisse, meine Gefühle, welche alle bedient und durchlebt werden von mir. Ich springe umher in meinem Raum, jage eine Szene nach der nächsten in meinem Leben. Ich bin aktiv, mein eigener Gast in ständiger Bewegung.
In meinem Leben erscheint aus dem Nichts ein Stuhl, den ich zur Kenntnis nehme aber nicht nutze. Ich lebe mein Leben weiter, springe umher in meiner eigenen Welt meiner Szenen. Es kommt der Tag, da nehme ich Platz auf diesem Stuhl, meinen eigenen Stuhl den ich mir selbst ungewollt erschaffen habe. Ich beobachte jetzt mein buntes, bewegtes Leben und lächle, lächle für mich alleine. Ich merke, ich werde müde, doch ich springe wieder und weiter umher. Irgendwann sitze ich wieder auf meinem Stuhl und will in mein Leben springen, doch ich spüre, ich bin zu müde und fange an mein Leben zu beobachten, ohne zu lächeln. Immer seltener schaffe ich es aufzustehen und in mein Leben zu springen um aktiv zu sein. Ich fühle mich schwer und gebunden an meinen Stuhl. Meine Bewegung wird weniger, meine Szenen werden weniger. Ich fange an mir Fragen zu stellen, erst wenige dann immer mehr. Meine Fragen quälen mich.
Ich suche nach Antworten
Warum kann ich nicht mehr aufstehen? Ich ertrage das alles ruhiger wird in meinem Leben, ich weiß aber, dass etwas nicht stimmt. Ich fange an mich schuldig zu fühlen, versagt zu haben. Wer bin ich???? Fragen, ich haben so viele Fragen die ich mir nicht beantworten kann, obwohl ich es möchte.
In meinem Raum gibt es nur noch mich, meinen Stuhl. Keine bunten Bilder mehr, keine Bewegung, mich, meinen Stuhl, es kommt Nebel auf der mir die Sicht versperrt. Meine Klarheit schwindet. Ich versuche zu Sehen, zu Verstehen und spüre, dass ich nur noch Wut empfinde, Wut auf alles und jeden und auf mich selbst. Der Nebel wird dicker, immer undurchdringlicher. Ich erahne nur noch mein Leben das so bunt und voller Bewegung war. Ich lerne zu ertragen das es ist wie es ist und merke wie meine Wut immer größer wird. Ich kämpfe einen Kampf gegen mich selbst, gegen den Nebel, der mein eigener Nebel ist. Ab und an ein klarer Fetzen meiner selbst in diesem Nebel, doch zu schwach um wieder zu wachsen. Ich entgleite mir selbst. Ohnmächtig mich selbst zu ertragen, meine Umwelt zu ertragen. Ich fliehe auf meinem Stuhl in den Schlaf. Ich bin zu müde um meinen Nebel zu ertragen, ihn zu vertreiben.
Ich schlafe und schlafe immer mehr. Ab und zu wache ich auf um zu funktionieren, zu arbeiten, gerade auf meinem Stuhl zu sitzen, auch wenn ich die Kraft dafür nicht habe. Ich schlafe fast nur noch um nicht mehr Denken zu müssen, meine Fragen auszuhalten die ich mir nicht beantworten kann. Und irgendwann will ich Sterben. Ich weiß, dass der Tod keine Lösung ist, doch aus irgendeinem Grund denke ich, dass wäre die Lösung meines negativen Denkens. Jenes Denkens, weil ich angefangen habe, zu glauben, nicht mehr zu Fühlen, außer Schuldigkeit. Das einzige was mir geblieben ist, ist diese kleine Stimme dir mir sagt:“Das bin nicht ich die Sterben will“. Ich habe die Wahl. Ich treffe meine letzte und erste Entscheidung, nicht zu sterben!
Ich schreie um Hilfe in einer Sprache die niemand zu verstehen scheint, Schweigen versteht keiner.
Ich bitte in meinem Nebel um Hilfe und sehe eine Hand. Meine eigene Hand, die mich zu einer fremden Hand führt. Die fremde Hand hält mich und ich versuche zu Sprechen um endlich gehört zu werden. Die fremde Hand versteht mich und reißt mich aus meinem Nebel, von meinem Stuhl.
Ich schaue mich um, will wissen wo ich bin. Ich sitze auf einem neuen Stuhl, ein fremder Stuhl dem ich versuche zu Vertrauen. Ich habe Angst, große Angst. Mein alter Stuhl war sicher, wackelfest und bewegungslos. Doch ich glaube an diesen fremden Stuhl, fremde Hände die mir ihre Hilfe anbieten. Ich versuche sie zu fassen und greife daneben. Ich schließe meine Augen und greife nach einer dieser Hände weil ich spüren kann, dass sie mir nichts Böses wollen. Es tut mir gut, so unendlich gut. Ich greife öfters zu, auch wenn es mir schwer fällt. Ich stehe auf und werfe mich in meinen Nebel mit den helfenden Händen.
In meinem Nebel wird es heller, immer öfter erkenne ich klare Fetzen. Ich will sie halten, doch das gelingt mir noch nicht. Ich fange endlich wieder an zu weinen, so viele Tränen. Ich habe kapiert, dass diese klaren Fetzen ich selbst bin, wie ich bin, mein bunter Raum in dem ich vor langer Zeit war. Ich weine noch mehr weil ich zu mir zurück will. Ich fühle, ich fühle so viel und lerne. Ich gebe meinem Raum neue Bilder, sie sind schwarz-weiß, für bunt ist meine Kraft nicht da.
Ich gehe meinen Weg mit meinen neuen Bildern, die ich doch irgendwie kenne. Ich will Laufen, immer öfter, doch es reicht nur für Schritte. Immer öfter erhebe ich mich von meinem neuen Stuhl um gehen zu Lernen. Schritt für Schritt versuche ich zurechtzukommen, weiter zu gehen. Laufen kann ich noch nicht aber ich habe angefangen mich von meinen Stühlen zu erheben um weiter zu gehen, wieder weiter zu gehen, Schritt für Schritt mir selbst und der Welt entgegen zu gehen. Ich habe mich gewählt, nicht den Tod. Ich habe gelernt innerlich nicht tot, emotionslos zu sein aber zu begreifen, dass ich krank bin. Mein Stuhl ist noch da und aus Gewohnheit nutze ich ihn auch.
Ich sitze auf meinem Stuhl, einem neuen Stuhl und beobachte meinen Raum und die fremden Bilder. Meine wenigen Bilder betrete ich. Mein Raum ist ein Puzzle geworden. Ich suche meine Teile für mein Puzzle.
Irgendwann verlasse ich meinen Raum
und meinen Stuhl um ein ganzes Puzzle zu sein. Mein eigenes Puzzle meiner Selbstliebe und Lebensfreude. Mich selbst aus meinen eigenen Teilen zusammenzusetzen um endlich ich selbst zu sein, und um mein Leben zu leben und nichts anderes!!!!!!!
Text: ©Yvonne V. Vespermann
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