Erfahrungsbericht Sandra, 45: Depressionen, Borderline, soziale Phobien

Leere – Rückzug – Zusammenbruch

Also, wo soll ich anfangen? Es fing alles im Jahr 2012 an (nicht wirklich, eher schon Jahre früher). Ich merkte in dem Jahr, dass ich irgendwie auf alles keine Lust mehr hatte. Keine Lust meine Kinder zu behüten, keine Lust irgendetwas zu unternehmen und am wenigsten Lust auf meinen Mann. Also zog ich mich immer mehr in mich zurück und fing an Online zu spielen. In der Online Welt fühlte ich mich wohl und verstanden, was im Nachhinein totaler Quatsch war. Ich wollte mich von meinem Mann trennen. Es war eine schreckliche Zeit.

Erfahrungsbericht Borderline Sandra

Ich ließ mich überzeugen eine Paartherapie zu machen. Wir gingen hin und die Therapeutin sagte uns, dass sie erstmal mit mir alleine Arbeiten möchte. So gingen 3 Monate ins Land. Dann kam mein großer Zusammenbruch, ich fühlte mich ausgelaugt, mir wurde nicht mehr vertraut, meine große Tochter war rebellisch, fing an zu trinken und Drogen zu konsumieren. Ich wusste nicht mehr, was ich machen sollte. An einem Morgen hatte ich einen riesigen Streit mit meinem Mann, ich bin erstmal abgehauen, um den Kopf frei zu bekommen, aber das ging nicht. Als ich wieder zu Hause war, war mein Mann nicht mehr da, er war auf dem Weg zur Arbeit.

Suizidversich & Klinikaufenthalt

Da habe ich den Entschluss gefasst, so geht es nicht mehr. Ich habe einen Suizidversuch unternommen. Ich dachte meine Familie wäre ohne mich besser dran, ich mache immer alles falsch usw.…. Ich wurde ins Krankenhaus eingeliefert, ein paar Tage nach der Intensivstation wurde ich das erste Mal in Psychiatrische Klinik eingewiesen. Es war schrecklich dort, ich gehörte da nicht hin. Alles war so fremd – die anderen Patienten, die Pfleger, ich hatte richtig Angst.

Als erstes bekam ich natürlich Medikamente, allerdings wurde ich dort nicht lahmgelegt, ich wurde innerlich ruhiger und somit konnte ich dann zum Stationspsychologen. Die Gespräche mit ihm, taten mir richtig gut. Er hat mir zugehört und mir Anregungen gegeben, wie ich mit schwierigen Situationen umgehen könnte. Natürlich hat das alles nicht auf Anhieb funktioniert, aber ich war dankbar, dass mir jemand zuhörte. Leider entwickelte ich in der Klinik eine Borderline Störung. Ich verletzte mich regelmäßig und oft auch so schlimm, dass ich genäht werden musste.

Tagesklinik und Spezialkinik

Nach etwa 3 Monaten in der Klinik, durfte ich wieder nach Hause, um im Anschluss tagesklinisch weiter zu machen. Da ich soziale Phobien habe, fiel es mir äußerst schwer mich dort einzugliedern. Nach ein paar Tagen, hatte ich wieder Suizidgedanken und verletzte mich wieder. Ich bin dann wieder in die Klinik gekommen. Das alles wiederholte sich so alle paar Wochen. Zu Hause, dann wieder Klinik. Ich war in den jetzt 5 Jahren Erkrankung fast 2 Jahre in der Klinik.

Einer der Ärzte in der Klinik, hat mir den Vorschlag gemacht mich in einer Klinik vorzustellen, die auch auf Borderline spezialisiert sind. Ich habe mich erkundigt und habe eine gefunden. In dieser Klinik habe ich gelernt, auf mich und meinen Körper zu hören, mich in den Vordergrund zu stellen, meine Bedürfnisse wahrzunehmen und nachzugehen. Also kurz gesagt, ich habe da viel über mich gelernt. Aber mir ging es immer noch nicht richtig gut. Alles ist ein Lernprozess.

Mit Arbeit raus aus der Depression

Eines Tages ging es mir wieder mal so richtig schlecht, ich bin zur Institutsambulanz gefahren, damit mir geholfen wird. Der Arzt hat sich angehört, was mich diesmal bedrückte. Dann sagte er zu mir: “Ich glaube, es würde ihnen guttun, wenn sie arbeiten gehen würden!“. Ich war baff, ich habe die ganzen Jahre versucht zu arbeiten, konnte aber nie. Dann erklärte er mir, dass es hier bei uns Werkstätten für Psychisch Kranke gibt, die würden Rücksicht auf die Erkrankung nehmen, keinen Druck ausüben. Das fand ich toll, war aber noch skeptisch.

Ich sprach mit meinem Mann darüber und mit meiner Sozialarbeiterin. Beide bestärkten mich darin, also hab ich das in Angriff genommen. Mittlerweile arbeite ich seit fast einem Jahr dort und es gefällt mir. Wenn es mir nicht so gut geht, arbeite ich eben nicht so viel, mache mehr Pausen. Was will ich mehr.

Alles in allem läuft jetzt alles gut, ich habe immer noch Zeiten, in denen es mir schlecht geht, die sind aber deutlich weniger geworden und das letzte Mal musste ich vor 1 Jahr in Klinik. Jetzt muss ich nur noch die körperlichen Beschwerden in den Griff bekommen und mich von denen nicht runterziehen lassen.

Das war eine Kurzfassung meiner letzten 5 Jahre, ich wünsche Euch, dass Euch das ein wenig Hoffnung gibt.

Sandra Görtz

 

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